Das Boot

Die Boote, mit denen Ihr auf Kojencharter-Mitsegeltörns üblicherweise unterwegs seid, sind moderne Fahrtenyachten. Die Länge liegt meist zwischen 36 und 50 Fuß (also gut 11 bis gut 15 m), die Breite zwischen 3,5 und 4,5 Metern.
Als Charter-Fahrtenyachten sind sie üblicherweise auf leichte Bedienung und hohen Komfort hin optimiert.
Sie sind für die Hochsee konzipiert, gebaut und ausgestattet und man kann mit ihnen problemlos den Atlantik überqueren oder Kap Hoorn umrunden (sofern es so etwas wie eine problemlose Umrundung von Kap Hoorn mit einem Segler überhaupt gibt).
Die nachfolgende Zeichnung zeigt so ein Boot schematisch mit einigen Beschriftungen

Segelyacht

Der Rumpf

Der Rumpf unseres Bootes besteht aus glasfaserverstärktem Kunststoff (GFK). In den Rumpf und das Deck sind zahlreiche Luken (Fenster) eingebaut, die wir öffnen können, um frische Luft in’s Boot zu lassen. Auf See sollten diese jedoch (mal abgesehen von den Decksluken an windstillen Tagen mit spiegelglatter See) immer geschlossen sein. Einerseits aus Sicherheitsgründen, andererseits weil immer mal Spritzwasser überkommen kann und es sich in einer klatschnassen Koje (Bett) nicht so angenehm schläft.

Der Rumpf wird nach oben durch das Deck abgeschlossen, der vordere Teil des Decks ist die Back. Im achteren (hinteren) Teil des Bootes befindet sich das Cockpit oder die Plicht, in dem/der wir uns normalerweise aufhalten.

Der Kiel ist unten mit Ballast gefüllt und trägt wesentlich zur Stabilität des Bootes, d.h. zu seiner Fähigkeit, aufrecht zu schwimmen, bei. Zudem ist er maßgeblich an der Umsetzung der mehr oder weniger seitlich angreifenden Segelkräfte in Vortrieb beteiligt.

Meistens gibt es achtern eine ausklappbare Badeplattform mit Badeleiter, über die man bequem in’s Wasser und auch wieder an Bord steigen kann. Bei den Luft- und Wassertemperaturen im Mittelmeer eine äußerst willkommene Einrichtung.

Im inneren des Bootes befinden sich der Salon mit Pantry, die Kabinen und die Nasszelle(n). Unter den Bodenbrettern ist die Bilge, in der wir auch Proviant und Getränke stauen können.

Im Bereich unter dem Niedergang (Treppe) zwischen den beiden Achterkabinen ist der Motor eingebaut, praktisch immer ein Dieselmotor. Diese Motoren sind zwar nicht hochgezüchtet, dafür aber äußerst zuverlässig und praktisch „unkaputtbar“ (wenn man sie pfleglich behandelt).

Die Takelage

An Deck etwas vor der Mitte des Bootes steht der Mast. Er besteht aus einem Aluprofil und ist deutlich höher, als das Boot lang ist.
Gehalten bzw. abgespannt wird der Mast vom stehenden Gut. Es besteht aus hochfestem, rostfreiem Drahttauwerk.
Nach vorne wird der Mast vom Vorstag gehalten, seitlich von den Wanten. Die Oberwanten laufen über Spreizen, die Salinge.
Nach achtern (hinten) halten das Achterstag oder die Achterstagen oder auch Backstagen den Mast.
Das laufende Gut benötigen wir zum Bedienen der Segel. Es besteht im Wesentlichen aus

Ein wenig Physik

Das Segel als Flügel

Aus dem Physikunterricht in der Schule kann sich wohl fast jeder noch an den Versuch erinnern, bei dem wir über ein gebogenes Blatt Papier hinweggepustet haben und das Papier sich dabei gehoben hat. Nach demselben Prinzip funktioniert ein Segel.

Segel
Die Luftströmung muss auf der gewölbten Leeseite einen weiteren Weg zurücklegen, also schneller fließen als auf der Luvseite. Dies erzeugt nach dem Bernoulli-Prinzip einen Unterdruck. Gleichzeitig wird durch Reibung eine Widerstandskraft erzeugt. Die Resultierende aus beiden Kräften wirkt als Antriebskraft auf das Boot.
Die Kräfteverhältnisse sind dabei immer dann optimal, wenn das Segel gerade und eben so dicht geholt wird, dass es ruhig steht.
Die resultierende Kraft greift natürlich nicht genau in Vorausrichtung des Bootes, sondern je nach Kurs mehr oder weniger zur Seite hin an. Letztlich sorgt die Form des Unterwasserschiffes und hier insbesondere der Kiel dafür, dass das Boot vorwärts und nicht (oder nur ein kleines Bisschen) seitwärts fährt.

Wahrer und scheinbarer Wind

Wenn ein Boot fährt, erzeugt es, genau wie ein fahrendes Auto, Fahrtwind. Die Windrichtung, die wir an Bord wahrnehmen (z.B. durch einen Blick auf den Verklicker), ist daher eine andere als die, die ein an Land stehender Beobachter wahrnimmt.
Der scheinbare Wind ist die Resultierende aus Fahrtwind und wahrem Wind und fällt immer vorlicher ein als der wahre Wind. Auf Amwindkursen ist er stärker, auf Raumschots- und Vorwindkursen schwächer als der wahre Wind.

Rumpfgeschwindigkeit

Segelyachten sind grundsätzlich in Verdrängerfahrt unterwegs, d.h. sie verdrängen zu jedem Zeitpunkt genau so viel Wasser, wie sie wiegen. Im Gegensatz hierzu stehen Gleiter wie z.B. schnelle Motorboote oder auch Jollen, die sich auf ihre Bugwelle schieben und dabei durch hydrodynamischen Auftrieb (viel) weniger Wasser verdrängen, als ihrem Gewicht entspricht.
In Verdrängerfahrt ist die maximale Geschwindigkeit durch die Länge des Bootes (genauer: LWL, also die Länge der Wasserlinie) bestimmt und beträgt bei einem Boot mit 15m Gesamtlänge ca 9 kn, also knapp 17 km/h. Wir sehen also: Der Weg ist das Ziel!

Radeffekt

Ein Boot ist konzipiert, um vorwärts zu fahren – so weit, so klar. Unter Motor kann man natürlich auch rückwärts fahren bzw. die Vorwärtsfahrt durch rückwärtsdrehen der Schraube recht abrupt aufstoppen.
Aber Vorsicht: durch die dann aktiven Strömungsverhältnisse wird das Heck seitlich versetzt – das Boot dreht sich. Dieser Effekt wird Schraubeneffekt oder auch Radeffekt genannt, weil sich das Heck so bewegt, als würde es auf der Schraube abrollen wie auf einem Rad.
Wenn wir also ein Boot mir linksdrehender Schraube haben, so dreht sich diese bei Rückwärtsfahrt rechtsherum, ergo wird das Heck nach Steuerbord versetzt.
Diesen Effekt gilt es zu beachten, und man kann ihn sich z.B. beim Anlegen oder beim Drehen auf engem Raum auch zunutze machen.